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Gnade sei mit euch und Friede von dem, der da ist und der da war
und der da kommt.

 

Mt 7, 24-29

24 Jeder nun, der diese meine Worte hört und sie tut, wird mit einem klugen Mann verglichen, der sein Haus auf den Felsen baute.

25 Und der Regen ging herab und die Ströme kamen und die Stürme wehten und fielen gegen jenes Haus; und es fiel nicht, denn es war auf den Felsen gegründet.

26 Und jeder, der diese meine Worte hört und sie nicht tut, wird mit einem törichten Mann verglichen werden, der sein Haus auf den Sand baute.

27 Und der Regen ging herab und die Ströme kamen und die Stürme wehten und stießen an jenes Haus; und es fiel und sein Sturz war gewaltig.

28 Und es geschah, als Jesus diese Worte vollendet hatte, entsetzte sich die Menge über seine Lehre.

29 Denn er lehrte sie wie einer, der Vollmacht hat, und nicht wie ihre Schriftgelehrten.

 

 

Liebe Gemeinde,

es ist so ein gute Jahr her, da feierte der Kindergarten einer Kirchengemeinde sein zehnjähriges Bestehen. „Domino“ heißt er und liegt im ländlichen Lindlar.

Natürlich sollte es auch gottesdienstfestlich zugehen. Und wie der vieleckige und in ein Flügeldach hinein sich verfaltende Bau dort auf einem kleinen Hügel einst gewachsen und entstanden war, das ging der Gottesdienst in Stationen nach, mit Kindern, Team, Eltern und Pastorin.

 

Zunächst also das Fundament: fest gemauert muß es sein und auf gutem, tragfähigem Grund ruhen. Warum eigentlich? Dumme Frage, weil das Haus sonst absackt, von Wassern unterspült wird, und spätestens dann, wenn ein heftiger Sturm es anpackt, wie ein Kartenhaus zusammenstürzt. So wie es Jesu Gleichnis voraussagt, das wir eben hörten.

Keine dumme Frage, wie eine zweite Antwort zeigt. Anschaulich war sie und ging so: ein Elternpaar, ein Tablett mit Wasserbechern balancierend, ging, besser stolperte über ein merklich unzuverlässiges Fundament, so mit seinen Unebenheiten und Löchern. Der ein oder andere Becher stürzte zu Boden, obgleich das Paar sich sehr nach unten konzentrierte. Ganz anders Paar zwei, welches ohne Becher- und Gleichgewichtsverlust seinen Parcour meisterte und noch die Freiheit hatte, nach rechts und links zu grüßen – denn der Boden, über den es ging, war eben und verläßlich.

Wer getragenerweise geht, muß also nicht gebeugten Hauptes gehen, den Blick nach unten gesenkt, um sich Moment um Moment zu vergewissern, ob der Grund noch trägt. Wer getragenerweise geht, bewegt sich befreit, frei, zu grüßen, was ihm oder ihr da entgegen kommt und begegnen will.

Und was mich trägt, sagt Jesu Bergpredigt genau: zu Hören und zu Tun; das, was ich höre, mache ich zur Richtschnur meines Handelns. Aus dem Gehörten, wenn ich es verstanden und es mir eingeleuchtet hat, folgt mein Tun.

Das scheint ein einfacher und glatter Zusammenhang. Und doch liegen auf der Wegstrecke, die vom Hören zum Tun führt, so manche Stolpersteine, mich daran zu stoßen, klafft so manche Spalte, meinen Fuß festzuhalten.

Eine gute Lehre, etwa die der Bergpredigt Jesu, zu hören, geht unseren guten Handlungen voraus - die wüßten sonst ja gar nicht, wo anzufangen und wo zu enden sei – , aber nicht zwangsläufig und wie von selbst folgt auf das Hören einer guten Lehre auch schon das rechte Tun.

Jesus selbst klagt das an, als er seinesgleichen anklagt, die anderen jüdischen Lehrer und Schriftgelehrten, über die er sagt (Mt 23, 2-3):

„Auf Mose Stuhl haben sich die Schriftgelehrten und Pharisäer gesetzt.

 Alles nun, was sie euch sagen, tut und befolget; aber nach ihren Werken tut 

 nicht, denn sie sagen es und tun es nicht.“

 

Gut ist die Lehre, von Mose an bis zu den Pharisäern, und deshalb zu befolgen; schlecht sind die Werke, denn sie widersprechen der guten Weisung. Der Wille G“ttes ist in ihnen nicht zu erkennen, vielmehr verfinstert.

Und bin ich nicht oft so ein Pharisäer, den Jesus verklagt, so eine gut Hörende, lehrend und lernend, der es schlecht oder gar nicht gelingt, Gehörtes und Gesagtes auch im guten Werk wirksam werden zu lassen?

 

Woran das liegt?

Daran, daß die gute Nachricht von dem, was G“tt von mir will, durch meine Seele und mein Herz muß, dahinein, wo Bewegungen sich verfangen und Licht geschluckt wird. Mit durchaus eigenen Antrieben und Beweggründen beschäftigt, mag mein Inneres einiges der g“ttlichen Bewegungsenergie für sich verwenden und aufs Eigene umlenken. Von der Energie, mit der G“tt von mir will, Seinen Willen zu tun – mir zugute, uns zugute. Die lenke ich um, auf meine eigenen Mühlen. Die verfängt sich in meinem Widerwillen, noch ehe sie auf mein Tun ausgreifen kann. „Trägheit des Herzens“ nannten unsere Alten das. Und eine Todsünde, denn sie geht G“tt selbst an Seinen Lebenswillen, uns mit Seinen Geboten lebendig zu machen.

Doch jenseits der inneren Trägheit gibt es schwerwiegend auch Hindernisse des Äußeren. In einer unübersichtlich gewordenen Welt, global vernetzt, ist es einer gut gemeinten Tat nicht einfach abzulesen, ob sie denn nur gut oder aufs Ganze gesehen nicht vielmehr zumindest zweifelhaft sei.

Und die Frage „was kann ich denn mit meiner kleinen Tat ausrichten, angesichts der Größe der ganzen Not?“ ist eine Frage, die wirkliche Verzweiflung stellt.

Es könnte sogar sein, daß es eine unserer größten Nöte ist, das Gute zu tun, ohne noch auf seinen Erfolg und seine weitere Wirksamkeit rechnen zu können.

Es gibt gleichwohl immer noch Menschen, die nicht müde werden, das Gute um seiner selbst willen zu tun, solche G“ttesnarren, G“tt sei Dank. Die mit mehr als einer Bilanz rechnen, nicht nur des des Erfolges.

Ein Stolperstein auf dem Wege vom Hören zum Tun fehlt uns, liebe Gemeinde, noch. Der liegt sozusagen am Anfang des Weges, da, wo wir noch Hörende sind. Hörende dessen, was G“tt uns gebietet.

Und wie wir Hörende sind.

Zumal wir modernen, skeptischen Menschen.

Mit unserer blinzelnden, abschätzenden Vernunft.

Mit unserer Distanz und unserem „Ja, aber“.

Ja, sprich schon, aber wir wollen erst hören und prüfen, ob wir es auch annehmen können. Ob wir einstimmen können und einverstanden sind.

Gewiß ist gut, was Du sagst, und wir wollen uns auch darauf einlassen.

In Grenzen. In Maßen. Mit einer Reserve. Bis auf den Kern unseres Ich.

Den aber nicht. Das mußt Du uns lassen.

Höre ich so, dann wird G“ttes Gebotsenergie in mir versanden, in meinem Frömmigkeitshaus, auf Sand gebaut.

 

Israel hat anders gehört, nämlich so, wie wir es in der ersten Lesung heute schon hörten. Nachdem Mose allem Volk aus dem Buch des Bundes vorgelesen und alle G“ttes Gebote gehört haben, antwortet Israel:

„Alles, was der Ewige gesagt hat, wollen wir tun und darauf hören“ (2. Mose 24, 7).

 

Erst tun, dann hören.

Erst annehmen, dann prüfen.

Erst ein unbedingtes Ja, dann die Diskussion, wie und in welche Fälle und für welche konkreten Situationen G“ttes Weisung sich entfaltet.

Keine Entscheidung, keine Wahl. Denn jede Entscheidung braucht mindestens zweierlei, dazwischen sich für eins zu entscheiden.

Am Sinai aber verhält es sich anders, denn dort gibt es nur eines: anzunehmen und sich G“tt hinzugeben, mit Vertrauen. Blind ist es, weil es sich auf andere Augen verläßt. Diejenigen G“ttes, der weiß, was gut ist, und es darum sagt.

Ein helles, glasklares Wissen ist dieses Vertrauen, wie vielleicht nur die Engel noch ein solches Wissen haben. Weiß sind sie, schattenfrei, zweifelsschattenfrei, denn sie haben G“tt allezeit vor Augen.

Hören und danach tun; hören, um zu tun. So lehrt Jesus, dort auf einem anderen Berg, zu anderer Zeit, aber dasselbe Volk. Und gleich Israels erstem Lehrer Mose baut auch der Rabbi Jesus seine Lehre auf felsenfesten Grund. Auf Israels blindes Vertrauen und klares Wissen, sagend: Alles, was G“tt gesprochen, das werden wir tun und werden wir hören.

Bliebe abschließend noch zu fragen, wann das sein wird: daß Lehre und Werk, Hören und Tun einander so entsprechen und wir eines im anderen erkennen können.

 

Jetzt und in Zukunft.

Denn, liebe Gemeinde, Jesus erzählt uns ja ein Gleichnis. Jemand, der hört und danach tut, der wird einem klugen Hauserbauer verglichen. Der gehört schon ins Reich G“ttes. Immer wenn Jesus uns ein Gleichnis erzählt, erzählt er uns etwas vom Reich G“ttes. Es gehört nämlich  zum Reich G“ttes, daß es sich vergleichen läßt.

Dadurch verliert es seine Ferne und kommt uns nahe. Es läßt sich mit unserem alltäglichen Tun vergleichen. So läßt es sich aus der Nähe sehen. Das Reich G“ttes ist naheliegend, denn es legt sich unserem Leben nahe: es zu tun, jetzt.

 

Etwa dieses:

- mit meinem Nächsten, Person oder Sache, sorgfältig, umsichtig, aufmerksam

  umzugehen. Gar nicht weit muß ich da gehen.

- die Welt kann ich so nicht retten, aber das ist auch nicht meine Aufgabe.

- anfangen kann ich, weil ich nicht vollenden muß.

- ich verliere das große Ganze genau so weit aus dem Blick, um mich von ihm

  nicht verhexen zu lassen und das Naheliegende scharf zu sehen.

- ich vertraue auf die Kraft des Guten, ohne es an den Bewährungszwang seines  

  Erfolges festzubinden.

- ich sage nicht „Du oder ich“, sondern: heute einmal erst Du dann ich, morgen

 dann wir zwei zusammen.

- ich lasse mich in G“ttes Schabbat fallen und tue einmal nichts, außer in Seine

  Himmel zu gucken.

Und dann sitze ich plötzlich neben den Alten Israels, dort auf dem Berge.Wir schauen unter uns auf den Bergfelsen. Und die Erde läßt uns den Himmel sehen, wie saphierblaues Glas. Aber schwindelig wird uns nicht, vielmehr selig sind wir.

Denn G“tt ist alles in allem geworden.

Amen.

 

Und der Friede G“ttes, der höher ist als all unsere Vernunft, bewahre
unsere Herzen in Christus Jesus.

Amen.

 

Liturgie


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25.07.2005

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